3. Februar 2022
In der Therapieambulanz
Bevor Patientinnen und Patienten mit radioaktiven Substanzen untersucht oder behandelt werden, begegnen sie in der Universitätsklinik für Nuklearmedizin meist auch Ursula Auderset.
Es ist gerade viel los. Seit letztem Jahr kommen sehr viel mehr Patientinnen und Patienten in die Therapieambulanz als früher. Zugewiesen werden sie aus der ganzen Deutschschweiz, aus dem Jura und dem Kanton Freiburg. Alle müssen möglichst rasch Termine erhalten, behandelt oder untersucht werden. Wartezeiten sollen möglichst kurz sein.
Ursula Auderset indes strahlt Ruhe aus. Die diplomierte Radiologiefachfrau arbeitet in der Therapieambulanz. Dies ist eine Einrichtung der Universitätsklinik für Nuklearmedizin des Inselspitals Bern. Hierher kommen Patientinnen und Patienten für eine nuklearmedizinische Abklärung oder zur Vorbereitung einer Therapie. Zur Klinik gehört auch eine Bettenstation mit zehn Betten für stationäre Therapien.
Dosimeter am Ringfinger
Ursula Auderset ist im Umgang mit radioaktiven Substanzen ausgebildet und wird regelmässig geschult. Sie zeigt einen Dosimeter-Ring am Ringfinger und auf Thoraxhöhe ein zweites, etwas grösseres Dosimeter. Diese Geräte messen die Strahlendosis und informieren monatlich über die jeweilige Strahlenbelastung.
Bei Patientinnen und Patienten sei das Strahlenrisiko ein Thema, sagt Ursula Auderset. Sie könne ihnen jedoch die Bedenken nehmen. «Bei nuklearmedizinischen Untersuchungen sind sie einer Strahlung ausgesetzt ähnlich wie in den Schweizer Bergen oder im Flugzeug. Das gesundheitliche Risiko ist einschätzbar.»
Kommt eine Therapie in Frage?
Zu Ursula Auderset in die Therapieambulanz kommen die unterschiedlichsten Patientinnen und Patienten und Angehörige. Zum Beispiel sind es Menschen mit Prostatakarzinomen, bösartigen Schilddrüsenerkrankungen oder sehr seltenen Tumoren der inneren Drüsen.
Ihnen allen wurde vorgängig eine Behandlung oder eine Untersuchung mit radioaktiven Substanzen empfohlen. Am Tumorzentrum wird jeder Krebsfall in sogenannten Tumorboards oder Tumorkonferenzen besprochen. Dort empfehlen mehrere beteiligte Experten, wie eine Patientin oder ein Patient behandelt werden soll, zum Beispiel mit radioaktiven Substanzen (siehe Links, unten).
Im Team wird abgeklärt, ob eine bestimmte Therapie mit radioaktiven Substanzen für eine Person überhaupt in Frage kommt: Kann der Tumor die radioaktive Substanz aufnehmen? Hat er Ableger, und wo sind diese? Funktioniert die Ausscheidung, zum Beispiel über die Nieren, normal? Ist eine Person genügend selbständig und gesundheitlich fit, um eine mehrtägige Therapie mit ihren Sitzungen, Vorabklärungen und Messungen durchzustehen?
«Ich helfe mit,
eine Therapie in die Tat umzusetzen.»
Ursula Auderset
Ursula Auderset kümmert sich um Termine für Voruntersuchungen, spricht sich ab mit Patientinnen und Patienten, mit den Fachleuten der Spitalbettenplanung, den Pflegefachpersonen der Bettenstation SWAN und den behandelnden Ärzten. Sie kümmert sich darum, dass die Untersuchungsgeräte einsatzbereit sind und die radioaktiven Substanzen in der nötigen Dosis durch das Labor bestellt werden, um diese dann an den Therapietagen einsetzen zu können.
«Bestellungen von radioaktiven Substanzen sind aufwendig», sagt sie, «die meisten Lieferungen brauchen Bewilligungen von der Kantonsapotheke und von den Herstellern, wofür der zuständige Arzt Anträge erstellen muss. Angeliefert werden sie in mit Blei ummantelten Koffern. Danach werden sie im Labor zum Injizieren vorbereitet.»
Nahbar und offen
Ursula Auderset sieht ihre Patientinnen und Patienten häufig. «Das ist der Hauptgrund, weshalb ich mich für diesen Job entschieden habe: der Kontakt mit Menschen, und zwar regelmässiger. Bei gewissen Messungen kommen sie mehrmals hintereinander hierher, nachdem wir schon brieflich oder telefonisch miteinander zu tun hatten.»
Als Radiologiefachfrau hat sie ein technisches Flair – topmoderne nuklearmedizinische Geräte für hoch spezialisierte Untersuchungen bilden ihren Alltag – ihr Herz schlägt aber für die Begegnungen mit Menschen. Distanz zu Patienten ist nicht ihr Ding. Wenn sie persönliche Grüsse schickt, meint sie es wirklich so. «Niemand von ihnen ist ja gerne hier», sagt sie, «gerade deshalb versuche ich, es mit ihnen schön zu haben. Zwischendurch darf es auch mal lustig sein.»
Dass bei ihr manchmal die Emotionen mit ins Spiel kommen, gehört dazu. Das ist ihr Naturell.
Zur Person
Ursula Auderset aus dem freiburgischen Ulmiz hat am 1. Oktober 2021 ein seltenes Jubiläum gefeiert: 25 Jahre Inselspital, dies immer auf der Nuklearmedizin. Unterbrochen war diese Zeit durch sieben Jahre auf der Radiologiestation des Spitals Tafers. Sie bezeichnet sich als Geniesserin, liebt das Wellnessen und setzt sich gerne mit Freunden um einen gedeckten Tisch. Zudem ist sie 300-Meter-Schützin in einem Schützenverein, wozu sie schelmisch sagt: «und das seit ich mich an mich erinnern kann».
(Text: Peter Rüegg)
Links
- Die Therapieambulanz stellt sich vor
Weitere Information hierzu finden Sie hier. - So funktioniert ein Tumorboard
Eine Beschreibung im Blogbeitrag «Gemeinsam entscheiden». - Video
Ein Film zeigt anschaulich der Ablauf einer stationären nuklearmedizinischen Therapie, am Beispiel der PSMA-Therapie.
University Cancer Center Inselspital (UCI)
UCI – Das Tumorzentrum Bern ist ein führendes Schweizer Zentrum für die Diagnose und Behandlung von Krebs. Patientinnen und Patienten mit einer Krebserkrankung finden am Tumorzentrum Bern ein breites Angebot von individuell zugeschnittenen Therapieansätzen. In zwölf Organzentren werden sie von hochspezialisierten Teams betreut. www.tumorzentrum.insel.ch