14. April 2025
Professionelle Pflege beginnt mit kompetenter Bildung
Kathrin Kohler ist Bildungsverantwortliche für die Pflegeberufe im Medizinbereich Tumor. Wenn sie für die Pflegestudierenden Praxisplätze besetzen soll, kommt sie sich manchmal wie auf dem Markt vor.
Sie startete in einer turbulenten Zeit: 2008, mit der Ausbildung zur Fachfrau Gesundheit.
Es herrschte eine weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise. Es gab eine Schweizer Grossbank, die gerettet werden musste. Und eine Bundesrätin, die bekämpft wurde ...
Als Kathrin Kohler 2008 am Inselspital einstieg, waren die Schweizer Spitäler stark abhängig von ausländischen Fachkräften, insbesondere in der Pflege. Das Ausbildungssystem der Pflege befand sich im Umbruch – mehr Bildungswege sollten eingeführt werden – wobei die Romandie der Deutschschweiz einige Schritte voraus war.
«Ich bin eine Ur-Insulanerin»
Damals stand sie am Anfang ihrer Berufsbildung als FaGe, Fachfrau Gesundheit. Sie absolvierte ihr erstes Praktikum in der Universitätsklinik für Medizinische Onkologie des Inselspitals. Danach blieb sie dem Fachgebiet treu. Alle weiteren Schritte in ihrer Karriere machte sie in der Betreuung von krebskranken Menschen. «Ich bin schon immer auf der Onkologie gewesen. Hier habe ich riesige Erfahrung», sagt Kathrin Kohler.
Gut qualifiziert
Hoch über den Stadtdächern von Bern ist Kathrin Kohlers kleines Büro: Hier ist der eine ihrer Arbeitsplätze. Man sieht Bundesordner, Listen, Grafiken. Hier wird geplant, an Konzepten gefeilt, eingeteilt, Richtlinien und Vorgaben erstellt und deren Einhaltung kontrolliert. Sie ist Bildungsverantwortliche für Pflegefachkräfte, die im Medizinbereich Tumor arbeiten oder ihre Ausbildung absolvieren.
Kathrin Kohler sorgt einerseits dafür, dass die Qualität der Ausbildung hoch bleibt und verbessert wird. Andererseits dafür, dass die Pflegestudierenden das nötige Fachwissen in ihren Weiterbildungen vermittelt bekommen. Dafür müssen Praxisausbildner:innen und Berufsbildner:innen pädagogisch geführt werden und fachlich qualifiziert sein.
Neue Projekte umsetzen
Besondere Leckerbissen sind für sie Projekte, wo sie Neuerungen umsetzen kann. Ein Beispiel: Das Berner Bildungszentrum Pflege setzt ab Frühling 2025 ein neues elektronisches Portfolio ein für die Zusammenarbeit zwischen Studierenden, Praxispartnern und Bildungseinrichtungen während der Praktika. Kathrin Kohler sorgt dafür, dass die Lernplattform bei allen Ausbildungsplätzen von allen Beteiligten richtig eingesetzt wird.
Praxis und Schulbank
Im Bildungssystem der Pflegeberufe können Studierende Abschlüsse an einer Universität, Fachhochschule oder Höheren Fachschule absolvieren. Ein Beispiel ist das Diplom Pflegefachleute HF.
Die Ausbildung dauert sechs Semester, und in jedem zweiten Semester absolvieren die Studierenden Praktika, bei welchen sie von erfahrenen Pflegefachpersonen ausgebildet werden. Etwa die Hälfte der Ausbildung verbringen sie somit in der Praxis, nicht in der Schulbank.
Im Medizinbereich Tumor des Inselspitals arbeiten sie sowohl auf den onkologischen Bettenstationen als auch auf der Poliklinik, wo Patient:innen ihre medikamentösen Tumortherapien ambulant erhalten und am gleichen Tag nach Hause gehen.
Wie auf dem Markt
Ein grosses Problem ist über die Jahre geblieben: zu wenig Studierende.
Kathrin Kohler bewegt sich wie auf einem Markt mit Angebot und Nachfrage. Auf der einen Seite steht das Inselspital mit seinem Angebot an Ausbildungsplätzen. Auf der anderen Seite ist nur eine beschränkte Zahl von Studierenden auf dem Markt vorhanden.
Kathrin Kohler meldet regelmässig an die Leiterinnen Ausbildung Tertiär- und Sekundarstufe II, wie viele Ausbildungsplätze der Medizinbereich Tumor zur Verfügung stellen kann. Im März 2025 hat sie sechs Ausbildungsplätze für HF-Studierende besetzen können. Zehn wären zu füllen gewesen.
«Für den Herbst 2025 habe ich zehn Ausbildungsplätze für HF-Studierende gemeldet, wie viele davon besetzt werden, ist aktuell noch unklar.
Sie blickt aus dem Fenster. Das ist das Spannungsfeld, in dem sie sich bewegt. Druck von den Kliniken? «Nein, davon spüre ich nichts», sagt sie.
«Am Bett»
Kathrin Kohlers zweiter Arbeitsplatz ist «am Bett», wie es im Jargon heisst. Sie ist nicht nur Bildungsverantwortliche, sondern auch Expertin Pflege mit einem kleinen Pensum auf einer onkologischen Bettenstation des Inselspitals. «Dieser Praxisbezug ist mir sehr wichtig. Dadurch erkenne ich, was von neuen Konzepten in der Realität umsetzbar ist und was nicht.»
Und nun? Ist die Zeit in 2025 weniger turbulent als 2008?
Kathrin Kohler sagt: «2025 ist auch turbulent, allerdings auf ganz andere Weise. Mein persönlicher Werdegang hat dazu geführt, dass sich die Prioritäten und Aufgaben in meiner Rolle komplett verändert haben.»
(Text: Peter Rüegg)
University Comprehensive Cancer Center Inselspital (UCI)
Das UCI ist das international anerkannte Comprehensive Cancer Center in Bern. Engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Berufsgruppen des Inselspitals und der Universität Bern arbeiten interdisziplinär in Forschung, Behandlung und Lehre zusammen, um Menschen mit Krebs zu helfen und die Lebensqualität von Menschen mit und nach Krebs zu verbessern. – www.uci.insel.ch