8.3.2021

Zwischen Wissenschaft und Praxis

Die Pflege hat sich in den letzten Jahren enorm gewandelt. Pflegeforschung und pflegewissenschaftliche Erkenntnisse bestimmen immer mehr den Alltag. Am Tumorzentrum des Inselspitals arbeiten auch Pflegeexpertinnen mit Masterabschluss. Barbara Piccolruaz und Simone Stamm geben einen kurzen Einblick in ihre Arbeit.

Würden Pflegerinnen und Pfleger aus den 1980-er Jahren ihre heutigen Kolleginnen und Kollegen sehen, würden sie ihren Beruf kaum mehr wiedererkennen. Dieser hat sich in den letzten Jahrzehnten enorm gewandelt. Die Pflege ist heute wissenschaftlich orientiert, sie hat ihre eigenen Forschungseinrichtungen. Die Pflegenden haben sehr viele Bildungsstufen, um sich weiterzubilden oder zu spezialisieren. Ihnen stehen Laufbahnen in akademischen Berufen, im Management und in der Berufsbildung offen.

Vom Fachwissen in die Praxis

Am Tumorzentrum des Inselspitals arbeiten in der Pflege auch Pflegeexpertinnen mit Masterabschluss von Fachhochschulen oder Universitäten – wie Barbara Piccolruaz und Simone Stamm. Sie sorgen für das Übertragen von aktuellstem wissenschaftlichen Fachwissen in die Praxis.

Barbara Piccolruaz: «Als ich vor dreissig Jahren in die Pflege einstieg, wirkten wir eher aus der Erfahrung heraus und taten, was wir für richtig hielten. Wer nicht weiterwusste, fragte erfahrene Pflegende. Heute ist alles wissenschaftlich fundiert. Die Pflegewissenschaften zeigen, was wirksam und effizient ist und was nicht.»

Simone Stamm: «Wir wollen Patientinnen und Patienten die bestmögliche Pflegequalität auf dem neuesten Forschungsstand anbieten. Daher sorgen wir dafür, dass aktuelle Erkenntnisse angewendet werden, beispielsweise indem wir Pflegestandards erarbeiten, an die sich alle halten.»

Hochspezialisiert

Simone Stamm begleitet und berät vor allem Patientinnen und Patienten mit Erkrankungen des Blutes und des Knochenmarks. Sie begleitet sie bei Transplantationen von eigenen Stammzellen im ambulanten Bereich. 
Barbara Piccolruaz unterstützt Pflegeteams in den Bettenstationen bei Chemotherapien. Sie erstellt Richtlinien und hilft den Kolleginnen diese umzusetzen. Sie weist sie an, zeigt vor und unterstützt in komplexen Situationen. Zudem schult sie neue Mitarbeitende in den Fachgebieten Stammzellentransplantation sowie neue zelluläre Therapien und hilft mit bei Qualitätsüberprüfungen in der Onkologie.

Innerhalb ihrer Teams führen die beiden Pflegeexpertinnen fachlich. Gleichzeitig haben sie Kontakt mit Patientinnen und Patienten.

Barbara Piccolruaz: «Man wird schnell theoretisch. Ich brauche die Praxis. Wir Pflegeexpertinnen arbeiten alle auch ‘am Bett’.»

Wissen finden

Wissen zu erschliessen ist ihre Stärke. Pflegeexpertinnen beurteilen die aktuellen Studienergebnisse, durchforsten Literaturplattformen, nehmen an Weiterbildungen und Kongressen teil und sind in einem schweizweiten Netzwerk von Expertinnen aktiv. Es liegt in ihrer Verantwortung, das gewonnene Wissen in die Anwendung zu übertragen.

Vernetzen

Krebsbetroffene zu behandeln und zu betreuen, ist komplex. In einem Tumorzentrum arbeiten eng vernetzte Teams aus unterschiedlichen Berufen zusammen. Pflegeexpertinnen bilden häufig das Bindeglied. Sie stellen für Patientinnen und Patienten den Kontakt zu Onkologen, Psychoonkologen und Sozialarbeitenden, aber auch zu externen Onkologen, Hausärzten, Physiotherapeuten oder der Spitex her.

Wo tut sich momentan am meisten?

Gegenwärtig beschäftigen sie zwei Themen am meisten. Zum einen sind dies die CAR T-Zelltherapien, die seit zwei Jahren neu am Inselspital durchgeführt werden. Zum anderen sind es die oralen Krebstherapien: Es werden zunehmend häufiger Tabletten statt Infusionen eingesetzt – Patientinnen und Patienten können ihre Erkrankung zu Hause behandeln.

Barbara Piccolruaz: «Gerade bei neuen Therapien ist wichtig, dass wir eng mit den Ärzten zusammenarbeiten und die Pflegenden schulen. Damit zum Beispiel alle den Umgang mit neuen Medikamenten kennen und über Nebenwirkungen und deren Linderung Bescheid wissen. Zu den Aufgaben von allen Pflegenden gehört auch, die Patienten im Umgang mit Nebenwirkungen zu schulen.»

Simone Stamm: «Ich leite Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen an, wie sie zu Hause mit den Medikamenten umgehen müssen. Dazu kommen Themen wie Haarverlust, IV-Anmeldung, Vorbereiten auf Spitaleintritt, Wiedereinstieg in den Beruf, Schmerzen oder Müdigkeit.»

Zu den Personen

Barbara Piccolruaz arbeitet seit zwölf Jahren in der Onkologie am Inselspital. Ihr Schwerpunkt ist Medizinische Onkologie stationär an der Universitätsklinik für Medizinische Onkologie. Sie besitzt neben ihrem Abschluss in Diplompflege HF einen Master of Advanced Studies (MAS) in onkologischer Pflege. Dies ist eine drei- bis vierjährige Weiterbildung für diplomierte Pflegefachpersonen. In ihrer Freizeit betreibt sie Sport, wandert, fährt Ski, fährt Rad – kürzlich hat sie wieder mit Tennis begonnen. Sie wohnt seit 2020 in Burgdorf und hat für den Arbeitsweg das E-Biken entdeckt.

Die Bernerin Simone Stamm wohnt in Basel. Sie arbeitet seit 17 Jahren am Inselspital, seit 2010 an der Universitätsklinik für Medizinische Onkologie. Ihr Schwerpunkt ist die autologe Stammzellentransplantation. Sie hat den Abschluss in Diplompflege HF und schloss im Sommer 2020 das Studium zum Master of Science in Nursing (MScN) ab – jetzt nach vier Jahren berufsbegleitendem Studium hat sie wieder mehr freie Zeit für Lesen, Joggen oder Badmington. Und vielleicht wird sie ihr Segelbrevet wieder reaktivieren.

Text: Peter Rüegg

Übersicht über die Fachberatungen

Übelkeit, Müdigkeit, Haarausfall? Wie gehe ich mit der Erkrankung und den Auswirkungen der Therapie im Alltag um? Patientinnen und Patienten mit einer Krebserkrankung finden an der Medizinischen Onkologie eine Vielzahl von Fachberatungen.

UCI – Das Tumorzentrum Bern ist ein führendes Schweizer Zentrum für die Diagnose und Behandlung von Tumoren. Patientinnen und Patienten mit einer Krebserkrankung finden hier ein breites Angebot von individuell auf sie zugeschnittenen Therapieansätzen. In zwölf Organzentren werden sie von hochspezialisierten Teams betreut.

www.tumorzentrum.insel.ch