3. März 2025
Was tun bei Nebenwirkungen?
Ursula Rohrbach, Teamleiterin Pflege an der Universitätsklinik für Radio-Onkologie, betreut Patientinnen und Patienten, die zur Bestrahlung von Tumoren kommen. Mit 22 Jahren Erfahrung hat sie die Entwicklung der Pflege und die Verringerung der Nebenwirkungen der Strahlentherapie miterlebt. Zu ihren Aufgaben gehört nicht nur die direkte Patientenversorgung, sondern auch die Beratung und Unterstützung in emotionalen Fragen.
Ein älterer Herr sitzt auf einem der Stühle vor dem Pflegezimmer. Er trägt einen Wundverband über der Schläfe. «Bonjour Monsieur, ça va?», sagt Ursula Rohrbach. Sie kennt ihn, er ist nicht zum ersten Mal hier, und bittet ihn freundlich herein. Beim Aufstehen stützt er sich auf seinen Stock, «oui, oui, je vais plutôt bien».
Der Behandlungsraum ist klein, ein Tisch, ein Stuhl, ein Schrank als Trennwand mit Verbandsmaterial, dahinter der Platz für Besprechungen. Ursula Rohrbach will sich die Hautstelle ansehen, die er bestrahlen lässt.
Vor 22 Jahren
Hier in der Universitätsklinik für Radio-Onkologie werden mehrheitlich bösartige Tumore mit Strahlentherapien behandelt. Die Bestrahlung kann Nebenwirkungen auf das umliegende, gesunde Gewebe haben, zum Beispiel auf die Haut oder die Schleimhäute. Diese werden empfindlich, röten sich oder werden sogar verletzt.
Ursula Rohrbach hat vor 22 Jahren als eine von drei Pflegefachfrauen in der Klinik angefangen. Das Ausmass der Nebenwirkungen ist heute viel geringer als damals. Viele Patientinnen und Patienten erleiden glücklicherweise keine oder nur noch geringe Nebenwirkungen durch die Bestrahlung.
Ja, er kann das
Ursula Rohrbach hat eine Doppelfunktion. Sie leitet ein Team von acht Pflegefachfrauen, arbeitet aber auch selbst im Tagesgeschäft. Sie und ihr Team sind für alle pflegerischen Belange zuständig. Zum Beispiel beraten sie die Patienten, zeigen ihnen, wie sie die Haut oder Schleimhäute vorbeugend pflegen können, legen Verbände an, nehmen Blut ab, beantworten Fragen, koordinieren Spitex-Termine oder kontrollieren die Wundheilung.
Dem älteren Herrn, ihrem heutigen Patienten, hatte Ursula Rohrbach vor zwei Wochen gezeigt, wie man die Wunde richtig versorgt, welche Salbe man aufträgt, wie man den Verband anlegt und fixiert. Sie hatte ihm erklärt, dass dies zweimal am Tag nötig ist. Dass er damit klarkommen würde, hatte sie sofort erkannt.
Braucht es die Spitex?
Manchmal braucht es die Spitex. Die Patientinnen und Patienten, die durch das Pflegeteam betreut werden, kommen aus allen möglichen Altersgruppen und sind oft in unterschiedlichem Allgemeinzustand. Oft werden sie von Angehörigen begleitet, die sie unterstützen.
Schon beim ersten Gespräch muss Ursula Rohrbach die Situation einschätzen können: Ist ihr Gegenüber in der Lage, die bestrahlten Körperstellen selbständig und nach ihrer Empfehlung zu pflegen? Kann die angehörige Person helfen?
«Da brauchen wir eine schnelle Auffassungsgabe», sagt sie. «Die von uns betreuten Patientinnen und Patienten kommen ambulant zur Therapie und möchten meistens schnell wieder nach Hause oder zu einem nächsten Behandlungstermin. Wenn sie von uns weggehen, müssen wir sicher sein, dass die nötige Versorgung zuhause auch klappt.»
Falls nötig, wird in Absprache mit den Patientinnen und Patienten die zuständige Spitex aufgeboten. Dazu gehört auch die Sicherstellung, dass die Pflegefachperson der Spitex instruiert ist und zum Beispiel die richtigen Cremes parat hat. Auch am Wochenende.
Freudige Begegnung
Vor ein paar Tagen stand plötzlich eine Frau vor dem Pflegezimmer, die Ursula Rohrbach bekannt vorkam. Sie sei in der Gegend gewesen und wolle nur kurz Hallo sagen, «kennen Sie mich noch?»
Es stellte sich heraus, dass die Frau vor drei Jahren in Behandlung war. Inzwischen gehe es ihr gut.
«Diese Begegnung hat mich sehr gefreut», sagt Ursula Rohrbach. Denn wie es den Patientinnen und Patienten nach der Therapie gehe, erfahre sie normalerweise nicht, «allerdings bekommen wir die nicht-positiven Krankheitsverläufe mit, wenn ehemalige Patientinnen und Patienten wegen Rezidiven wieder zur Bestrahlung kommen».
Anders als Gespräche mit Ärzten
«Das Gespräch mit uns Pflegenden hat einen anderen Ton als das Gespräch mit den Ärztinnen und Ärzten», sagt Ursula Rohrbach. «Ich erlebe eine offene Kommunikation. Bei uns darf es auch mal emotional werden».
Warum das so ist? Vor Ärztinnen und Ärzten hätten manche Patientinnen und Patienten grossen Respekt oder sogar Hemmungen. Vielleicht sei die Sprache im Pflegegespräch einfacher, es habe weniger abstrakte medizinische Fachbegriffe.
Der ältere Herr steht auf. Die Hautstelle über dem Auge sieht gut aus, ein frischer Verband ist angelegt. «Au revoir et bonne chance», sagt sie zu ihm. Wenn für ihn alles gut geht, werden sie sich nicht wiedersehen.
(Text: Peter Rüegg)
University Comprehensive Cancer Center Inselspital (UCI)
Das UCI ist das international anerkannte Comprehensive Cancer Center in Bern. Engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Berufsgruppen des Inselspitals und der Universität Bern arbeiten interdisziplinär in Forschung, Behandlung und Lehre zusammen, um Menschen mit Krebs zu helfen und die Lebensqualität von Menschen mit und nach Krebs zu verbessern. – www.uci.insel.ch